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Ist dieses Agroforstsystem nicht mit Weizen bepflanzt, weiden Kühe auf der Wiese zwischen den Bäumen. Foto: Meinrad Betschart-Waser

ZeitschriftenLesezeit 4 min.

So sorgen Bäume ausserhalb des Waldes für Umsatz

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um mit Bäumen Geld zu verdienen. Auf landwirtschaftlichen Flächen beispielsweise bieten sich Waldgärten, Agroforstsysteme oder Trüffelplantagen dafür an. Dabei gilt es aber – wie im Wald auch – auf Verschiedenes zu achten.

Sarah Sidler | Bäume können nicht nur als Nutzholz in Wäldern zu Einnahmen verhelfen, sondern auch verschiedentlich auf landwirtschaftlicher Fläche. Wer also nicht nur im Besitz von Wald, sondern auch von landwirtschaftlicher Fläche ist, aufgepasst: Je nach Anbausystem liefern Bäume weit mehr als Holz, Nüsse und Früchte. Als Teil multifunktionaler Systeme wie Waldgärten, Trüffelplantagen oder Agroforst unterstützen sie die Produktion von Lebensmitteln wie Pilze, Beeren, Gemüse und Kräutern. Um das volle Potenzial von Bäumen auszuschöpfen, wird auf Altbewährtes zurückgegriffen, teils weiterentwickelt und neu benannt. Agroforst ist eine Kombination von Gehölzen mit Ackerbau oder Weidewirtschaft auf derselben Fläche und bringt Bäume in die Landwirtschaft zurück. 

Die beiden Haupttypen der Agroforstwirtschaft sind die silvoarablen und silvopastoralen Systeme. Ersteres bezeichnet Bäume auf dem Acker, Letzteres Bäume auf der Weide. Diese traditionelle Form der Landbewirtschaftung wird schon seit Jahrtausenden überall auf der Welt betrieben. In der Schweiz kommt sie hauptsächlich in Form der Waldweiden im Jura, der Kastanienselven im Tessin oder der klassischen Hochstamm-Obstgärten vor. Durch die Mechanisierung und zunehmende Trennung von Waldbewirtschaftung, Ackerbau und Tierhaltung verschwanden Bäume und Sträucher aus der Landschaft. 

In der Schweiz machen Agroforstbetriebe etwa 9% der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, teilt das Bundesamt für Umwelt BAFU auf Anfrage mit. Biobauer Meinrad Betschart-Waser in Rickenbach (SZ) ist einer davon. Er betreibt seit Frühling 2022 eine ein Hektar grosse Agroforstanlage. Diese besteht aus 50 Hochstamm-Obstbäumen, 20 Nutzholzarten sowie 80 Hecken und Weidensträuchern. «Mein Sohn studierte Agrotechnik und schrieb seine Arbeit über Agroforst. Das System ergibt Sinn, und so bepflanzten wir unseren besten Blätz», sagt Betschart-Waser. Um die Wurzeln vor Mäusen zu schützen, setzten die Biobauern bei jedem Gehölz einige Knoblauch- oder Zwiebelknollen. Ihr Geruch hält Schädlinge fern. Gegen Wildfrass haben sie die jungen Pflanzen mit einem biologischen Mittel auf Basis von Schaffett eingerieben. Damit die Bäume tief wurzeln, ist es wichtig, dass die Bodenbearbeitung für den Getreideanbau möglichst nahe an den Stämmen erfolgt. 

Für eine möglichst hohe Vielfalt setzten Vater und Sohn nie mehr als drei Pflanzen derselben Sorte. Darunter finden sich neben Bäumen für Nutzholz wie Birken, Erlen, Ahorn und Kastanien auch Mispeln, Indianerbananen, Sanddorn und Haselnüsse. Um in der Direktvermarktung attraktiv daherzukommen, finden sich auf der Hektare viele rare Sorten von Pro Specie Rara. Mit dieser Methode erzielen die Biobauer auf fünf Etagen Ertrag: «In der untersten kann ich Kartoffeln im Boden und in der nächsten Gemüse ernten oder habe Gras für die Kühe. In den Büschen wachsen Haselnüsse oder Beeren. Dann folgt Obst, und die hohen Bäume spenden Maroni oder Nüsse, bis sie zu Nutzholz werden», sagt Betschart-Waser.  

Da der Biobauer an das Konzept glaubt, plant er, die nächsten zwei Jahre nochmals rund 10 000 Franken zu investieren, um die zweite Hektare des Standorts mit derselben Menge Gehölz zu bepflanzen. «Wir denken, dass die Symbiose zwischen den Bäumen und Gehölzern mit der Unternutzung die Auswirkungen der Wetterextreme ausgleicht. Dieses Jahr wäre ich bereits zwei Mal froh gewesen um den Schatten der Bäume sowie ihre Wurzeln, welche die grosse Wassermenge hätten speichern können», sagt er.

Abstände zwischen den Bäumen sind wichtig

Im nächsten Jahr will der Biobauer wieder Getreide unter den Bäumen anpflanzen. Um das Land maschinell bewirtschaften zu können, seien Abstände von 14 Metern zwischen den Baumreihen notwendig. Bei den Hochstämmern sind neun Meter Abstand ideal. Es ist grundsätzlich wichtig, einen genügend weiten Abstand zwischen den Bäumen innerhalb der Reihe zu lassen. Vor allem, wenn der Fokus des Agroforstsystems auf der Erzeugung von Wertholz liegt. Der optimale Abstand von Baum zu Baum lässt sich laut agroforst.ch nach folgender Formel berechnen: Angestrebter Stammdurchmesser × 25 = Abstand innerhalb der Baumreihe. Im Sinne einer Risikoverteilung pflanzt man die Bäume zunächst in einem Dreierverband. Man erhält dadurch die Möglichkeit einer Selektion qualitativ hochwertiger, vitaler Bäume innerhalb der Gruppen. Im Laufe der Zeit wird ein Teil der Bäume entfernt, damit der Endabstand von 15 Metern eingehalten werden kann.

Agroforst stösst auf breites Interesse

Weil das Interesse am Agroforst von Betschart-Waser vonseiten der Biobauern gross ist, fand im September auf seinem Land ein Fachanlass von BioSuisse statt. Auch der Schweizer Bauernverband sieht Agroforst als einen möglichen Weg. Aktuell sei der Stellenwert noch nicht so hoch, wie etwa derjenige der regenerativen Landwirtschaft. «Wir denken aber, dass solche Modelle und auch Agroforst mit der Klimaveränderung an Bedeutung gewinnen», teilt Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband auf Anfrage mit. Moderne Agroforstsysteme könnten aufgrund ihrer Resilienz an Bedeutung gewinnen, da sie unter anderem einen positiven Einfluss auf den Wasserhaushalt des Bodens, die Bodenfruchtbarkeit sowie -temperatur haben, meinen Experten des BAFU und des BLW. Und Felix Herzog, Leiter der Gruppe Agrarlandschaft und Biodiversität vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF, Agroscope, ist der Meinung, dass sich Agroforst weiterentwickeln wird. Das Interesse daran sei sowohl von Seiten der Praktiker als auch der Politiker vorhanden. «Bauern aus allen Sparten probieren vielfältige Modelle aus, welche auf die traditionellen Methoden aufbauen. Das ist gut so», sagt er.  

Eine spezielle Form von Agroforst sind Waldgärten. Obwohl hierzulande noch wenig verbreitet, sind sie mit Zunahme der Temperaturen je länger desto mehr Thema, weil sie das Wasser im Boden speichern und Schatten spenden. Waldgärten, auch Forest Gardens, Food Forests oder Esswälder genannt, sind selbsterhaltende und resiliente Ökosysteme, welche über eine hohe Biodiversität verfügen. Auch dieses Prinzip existiert schon seit Jahrtausenden und ist besonders in den Tropen eine beliebte Anbaumethode. In Waldgärten verhelfen Bäume auf bis zu sieben Ebenen zu Ertrag. Zu den bereits genannten können als Bodendecker Walderdbeeren oder Heilpflanzen gedeihen. Dazu kommt die Pilzschicht sowie die vertikale Lianenschicht aus Hopfen, Reben und weiteren Ranken. 

Daniel Lis betreut mehrere Waldgärten, darunter zwei eigene: Ein 80 Quadratmeter grosser Tiny Urban Forest auf seinem Gartensitzplatz in Bern sowie ein 1,5 Hektar grosser Kastanienhain am Lago Maggiore im Tessin. Als ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen (BE) kümmerte sich der Sozialanthropologe jahrelang um eine 2000 Quadratmeter grosse Versuchsfläche. Er weiss, wie Waldgärten in die Land- und Forstwirtschaft integriert werden können. Sein Wissen vermittelt er auch an Kursen weiter. Unter anderem auf der Schweibenalp. 

Gemäss Lis, der heute als selbstständiger Berater und Mentor rund um Permakultur sowie Food Forests arbeitet, ist es am sinnvollsten, in unbenutzten, marginalen Flächen in Siedlungsnähe Waldgärten anzulegen. «Mit diesen Biodiversitätsinseln kann man verschiedenste kleine Flächen intensiv nutzen.» Eine Bewilligung dafür braucht es ausgerechnet im Wald und ist laut BAFU jedoch kaum bewilligungsfähig (siehe Box). Ohne allerdings sind Food Forests im Wald nur sehr beschränkt möglich. Erlaubt sind dort lediglich Pflanzen, die im Wald natürlich vorkommen. Etwa Nuss-, Edelkastanien- und Kirschbäume, Holunder, wilde Pflaume, Brombeeren, Hopfen oder Schlangenknöterich.

In Absprache mit den zuständigen Ämtern scheinen jedoch Ausnahmebewilligungen in Einzelfällen möglich. Fixierte Zonen, welche etwa im Kanton Aargau bereits gelten und im Kanton Zürich diskutiert werden, kommen dem Konzept jedoch entgegen. In neueren Waldstücken ausserhalb der Waldgrenze dürfen solche Gärten angelegt werden. Die Chance, dass solche Flächen in Wald umgezont werden, liegen laut Daniel Lis quasi bei null. 

Denjenigen, die einen Waldgarten auf grosser Fläche anbauen möchten, rät er, allenfalls die Anzahl der mehrjährigen Kulturen etwas zu reduzieren. Je diverser, desto komplexer. «Bei der Pflanzung sollte bereits an eine Sukzession von Ernte gedacht werden, sodass diese von Beginn an durchgeführt werden kann.» In der Waldzone bieten sich als langfristige Ernten in der obersten Baumschicht die Anlage von Werthölzern an.   

Mix zwischen Einheimischen und Exoten

Beim Gehölz soll auf Klimatauglichkeit gesetzt werden und dort, wo noch möglich, auf Einheimisches. Eine Erle eignet sich wunderbar, um Stickstoff in den Boden zu bringen. Ihre Äste und Blätter liefern besten Mulch. Ein Jungwaldklima, welches auch Ahorn, Vogelbeeren und Nussbäume verbreiten, ist wichtig für ein dynamisches System. Beim Gemüse arbeitet Lis mit mehrjährigen Zucht- und Wildpflanzen. Darin dürfen neben Kartoffeln, Rhabarber und Zucchetti durchaus Exoten wie Okra und Funkien vorkommen. Bis das Ökosystem Waldgarten als Ganzes funktioniert, dauert es bei neuen Systemen ungefähr fünf Jahre. Damit genügend Licht zum Boden durchdringt, sind regelmässige Schnitte unabdingbar. «Unsere Aufgabe ist, zu regulieren und für Diversität zu sorgen», so Lis. Das Schnittgut dient als Mulch, welcher die Fruchtbarkeit erhöht und die Feuchtigkeit im Boden hält. «Waldgärten fördern die Biodiversität enorm. Aus unserem Monitoring an der HAFL wissen wir, dass sich dort Humus jährlich bis zu einem Zentimeter aufbauen kann.» Zudem konnte er mit dem Ertrag der 0,2 Hektar grossen Fläche des HAFL-Waldgartens die dortige Mensa regelmässig und über das ganze Jahr beliefern – bei gerade Mal 100 Arbeitsstunden pro Jahr. 

Ebenfalls an Beliebtheit gewonnen haben Trüffelplantagen. Das Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung Ebenrain in Sissach (BL) hat zwischen 2015 und 2020 im Rahmen eines kantonalen Förderprogramms  für innovative Projekte mit Spezialkulturen drei Anlagen im Baselbiet unterstützt. Ob diese drei Kulturen zwischen 60 und 100 Aren wirtschaftlich sind, wird sich zeigen. 

Trüffelplantagen sind aufwendig

Laut Franco Weibel vom Ressort Spezialkulturen wird der nötige Pflegeaufwand für Trüffelplantagen oft unterschätzt. «Es braucht eine relativ intensive Bestandespflege mit guter Bewässerung, konsequenter Mäusebekämpfung und guter Unkrautkontrolle.» Standorteigenschaften müssten geprüft, Bäume beschafft, Bewässerungssysteme installiert und Pflegemassnahmen wie Unkraut- und Mäusebekämpfung sowie Baumschnitt müssen klar sein. Auch über Ernte- und Absatzmöglichkeiten müssen sich Interessierte Gedanken machen. Produzenten sollten sich vor der Planung unbedingt einer Produzentenvereinigung anschliessen und sich mindestens ein Jahr lang intensiv mit dem Thema befassen. 

Brachlandzellen, die längerfristig nicht bebaut werden sollen oder können, eignen sich für Trüffelhaine mit acht bis zehn Trüffelbäume pro 100 Quadratmeter. Hierfür werden kleine Eichen, Haselsträucher oder -bäume, Hagebuchen und Föhren mit Trüffelsporen geimpft. Das Klima im Schweizer Mittelland eignet sich bestens für den Anbau von Trüffeln. Es empfiehlt sich, im Vorhinein zu testen, ob sich die Zusammensetzung des Bodens für den Trüffelanbau eignet. Denn diese Pilze bevorzugen kalkreiche, gut wasserzügige Böden, so ein Infoblatt von trueffelgarten.ch.

Die Firma bietet Bäume, Kurse, Beratung und Produkte rund um die Speisepilze an. Es ist möglich, ein gutes Wachstum durch Kalkdüngung zu fördern. Staunässe mögen die Pilze nicht. Da die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass Pilze anderer Bäume auf Trüffelbäumchen springen, ist es empfohlen, Trüffelplantagen in einem möglichst grossen Abstand zum Wald oder zu Waldbäumen zu pflanzen. Obstbäume sind keine Konkurrenz, da diese mit einer anderen Pilzflora fusionieren. 

Wer im Oktober oder November seinen Hain anlegt, hat die besten Aussichten auf Erfolg. So sind die Pflanzen in der nächsten Wachstumsperiode bereits gut verwurzelt. Wie alle Bäume benötigen auch die mit Mykorrhiza geimpften Zeit. Die Erträge sind von Jahr zu Jahr und von Baum zu Baum unterschiedlich. Nach ungefähr acht Jahren rechnet man pro Baum zwischen 150 und 300 Gramm Trüffel im Jahr. 100 Gramm bringen je nach Trüffelart zwischen 60 und 80 Franken ein.

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