Welchen Vorteil wünschen Sie sich?

Pascal Tschopp ist fasziniert von Bäumen und ihren Lebensräumen. Egal, ob diese im Wald oder in der Stadt stehen.Foto: CH Media / Severin Bigler

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 3 min.

«Es ist ein Privileg, im Refugium Wald arbeiten zu dürfen»

Der Architekt Pascal Tschopp liess sich in einer Drittausbildung zum Forstwart ausbilden. Die Lehre schloss er mit Bestnoten ab. Warum der damals 28-Jährige diese Entscheidung bis heute keine Sekunde lang bereut und trotzdem nicht mehr im Wald arbeitet.

Interview Sarah Sidler | Pascal Tschopp bezeichnet sich selbst als Stadtkind.
Doch kommt er auf seine dritte Ausbildung zum Forstwart beim Forstunternehmen Garfor GmbH der Holzkooperation
Birmensdorf, Schlieren, Uitikon und Urdorf zu sprechen, leuchten seine Augen. Der 32-Jährige erzählt von einem faszinierenden Berufsfeld voller Wunder. Seine Freude an der Natur und am Lernen brachte dem Zürcher neben Spitzennoten den ersten Preis für seine Lerndokumentation, welche an der letztjährigen Forstmesse in Luzern prämiert worden ist. Heute arbeitet er
bei Grün Stadt Zürich als Baumkontrolleur und -pfleger.

Pascal Tschopp, wie kamen Sie als Architekt dazu, sich zum Forstwart ausbilden
zu lassen?

Eine persönliche Krise brachte mich dazu, mich komplett neu zu orientieren.
Es war für mich klar, dass ich das Berufsfeld Architektur verlassen wollte. So befasste ich mich längere Zeit intensiv damit, was mich wirklich interessiert. Forstwart war ein Beruf von mehreren, die mich angesprochen haben. Ich hatte die Möglichkeit, in drei Forstbetrieben zu schnuppern, und war fasziniert von der vielseitigen körperlichen Arbeit. Im Forst muss man stets bei der Sache sein, das Vereinen von psychischer und physischer Arbeit ist anspruchsvoll. Man trägt eine grosse Verantwortung,
da jeder Eingriff langfristige Auswirkungen hat. Diese wertvollen Aspekte haben mich erfüllt, und so griff ich zu, als
mir der Betrieb in Birmensdorf extra eine Lehrstelle ausserhalb des üblichen Turnus angeboten hatte.


War die Neuorientierung der richtige
Entscheid?

Absolut. Ich habe die Entscheidung keine Minute lang bereut, auch wenn sie Mut erforderte. Meine Lebensqualität hat sich seitdem extrem verbessert, es waren Welten zwischen diesem Beruf und demjenigen, den ich vorher ausübte. Ich war fasziniert von diesem neuen Berufsfeld voller Phänomene, welche mir als Stadtkind nicht präsent waren. 


Sie drückten erneut drei Jahre lang die Schulbank mit Teenagern ... 

Ja, ausser der Allgemeinbildung musste ich alle Fächer in der Berufsschule besuchen. Da es sich um meine dritte Ausbildung handelte, hätte ich die Lehre nach zwei Jahren abschliessen können. Doch das wollte ich nicht. Es war mir wichtig, diesen praxisorientierten Beruf von Grund auf zu lernen. Klar, ich nahm starke finanzielle Einbussen in Kauf, doch ich war erfüllt von dem, was ich tat.  


Welche Arbeiten im Wald führen Sie besonders gerne aus?

Schwierig zu sagen, denn die Abwechslung der Arbeiten macht den Reiz aus. Besonders faszinierte mich aber bei der Wertastung die Vorbereitung, das schematische Arbeiten, und beim Rüsten von Sturmholz der resultierende Adrenalinschub. Ein guter Freund, ebenfalls durch eine Neuorientierung zum Forstwart geworden, antwortete einmal auf diese Frage folgendermassen: «Bäume fällen ist am coolsten, Jungbäume pflanzen am ruhigsten, Stangenholzpflege am spannendsten und Austrichtern der Jungbäume am angenehmsten.» Damit kann ich mich ebenfalls sehr gut anfreunden.  


Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Sie schlossen die Ausbildung mit Bestnoten ab, zudem wurde Ihre Lerndokumentation an der letztjährigen Forstmesse in Luzern als beste der Schweiz prämiert. 

Das Erarbeiten einer hochwertigen Lerndokumentation war mir von Anfang an wichtig. Ich stelle sehr hohe Ansprüche an mich, alles sollte stimmig sein, bis zur letzten Schraube. Der erste Platz war nicht das Ziel, aber die Wertschätzung freute mich doch sehr.         


Warum denken Sie, wurde Ihre Arbeit als beste auserkoren?

Details sind sehr wichtig für mich. Ich wollte, dass meine 220 Seiten wie ein Lexikon aus einem Guss daherkommen. Mein Einband ist aus Eichenholz, Inhalts- und Titelverzeichnisse aus Papyrus. Wie die Jahrringe wechseln sich diese in heller und dunkler Farbe ab. Zu jedem Titelverzeichnis malte ich ein passendes Wachsbild. Da ich als Architekt gut skizzieren kann, habe ich zudem alle Berichte passend gestalterisch untermalt. Ich habe mir grosse Mühe mit dem dazugehörenden Herbarium gegeben. So habe ich etwa die Schublade jeder behandelten Baumart aus dem jeweiligen Holz gefertigt. Die verschiedenen Blüten habe ich in Epoxidharz gegossen, Keimlinge sowie Blätter laminiert und Samen naturgetrocknet. Dies alles war sehr zeit- und kostenaufwendig. Doch die Investition hat sich gelohnt, und ich konnte mich beim Gestalten total entfalten. Das Herbarium hat nun einen Ehrenplatz in meiner Wohnung auf einem Beistelltisch, und ich konnte Teile davon schon auf einer von mir geführten Exkursion als Anschauungsmaterial einsetzen.


Sie schwärmen vom Beruf des Forstwarts und sind trotzdem bereits nicht mehr im Forst tätig. Wieso?

Beim Wertasten und bei Kranfällungen kam ich mit verschiedenen Klettertechniken in Berührung. Diese faszinierten mich wie auch die freie Bewegung in der Krone in luftigen Höhen. Nach meiner Lehre musste ich einen neuen Arbeitgeber suchen. Vom angeschriebenen Forstbetrieb erhielt ich leider keine Antwort auf meine Bewerbung, obwohl es im Forst doch eigentlich an Fachkräften mangelt. Grün Stadt Zürich, wo ich mich als angehender Baumpfleger beworben habe, lud mich zum Gespräch ein und bot mir die nötigen Weiterbildungen sowie zeitnah einen spannenden und gut bezahlten Job als Baumpfleger und -kontrolleur an. So sagte ich zu, obwohl ich mein neu erworbenes Fachwissen im Wald gerne gefestigt hätte. 


War es die richtige Entscheidung, den Forst schon wieder zu verlassen?

Es ist eine Chance, welche mir auf meinem Weg geboten wurde. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln. Ich befinde mich im richtigen Alter für körperliche sowie geistige Herausforderungen. Es ist nicht einfach, sich nach einer eben abgeschlossenen Lehre schon wieder neues Wissen anzueignen und sich zu spezialisieren. Irgendwie bin ich schon wieder in einer Lehrlingsposition. Doch das Erlernen der Seilklettertechniken, das freie Bewegen in mächtigen Bäumen sowie die Vertiefung in die Materie der Arboristik sind spannend und herausfordernd. Da ich mein aktuelles Team und die Anstellung bei der Stadt sehr schätze, werde ich noch über Jahre bei der Stadt bleiben. Natürlich gibt es Momente, nach denen ich mich wieder umgeben von Sträuchern und Brombeeren mit einer richtigen Motorsäge in der Hand sehne,. Wohin mich die ferne Zukunft verschlägt, steht daher in den Sternen. Ich bin aber sicher, dass sie «bäumig» wird.

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